Die literatur im umbruch das spate mittelalter — страница 2

  • Просмотров 6305
  • Скачиваний 74
  • Размер файла 55
    Кб

gegebenen Frage hat die Themenwahl der Jahresarbeit bedingt. Das Thema unserer Jahresarbeit heißt «Die Literatur im Umbruch: Das späte Mittelalter». Das Ziel der Forschung ist, die Geschichte der Bildung und der Überarbeitung, die Struktur, die Rolle und die Stelle der Werke der Periode des späten Mittelalters in der literarischen Welt zu analysieren sowie die hervorragendsten Vertreter der Literatur des späten Mittelalters zu erörtern. Als die Hauptaufgaben dieser Arbeit kann man folgende nennen: 1. Die Feststellung der Bedingungen für die Entwicklung der deutschen Literatur in der Epoche des späten Mittelalters, die Bestimmung der Faktoren, die ihr Entstehen und Entwicklung beeinflusst haben, und die Analyse der Wechselbeziehung der literarischen Veränderungen zu den

sozial-politischen Veränderungen. 2. Die Forschung der Charakteristik der Literatur in der Epoche des späten Mittelalters, ihrer wichtigsten Tendenzen und die Aussonderung ihrer spezifischen Besonderheiten. 3. Die Aussonderung der wichtigsten Genres in der deutschen Literatur des späten Mittelalters, unter denen folgende zu nennen sind: Epik, Lyrik, das geistige Drama, Schwankliteratur, die weltlichen Kleinformen und die mystische Literatur. 4. Die Feststellung der bedeutendsten Vertreter der genannten literarischen Richtungen und die Übersicht ihrer wichtigsten Werke. In dieser Jahresarbeit handelt es sich um die Bedingungen der Entwicklung und der Entstehung der deutschen Literatur in der Periode des späten Mittelalters in der engen Wechselbeziehung zu den historischen

Ereignissen. Hier werden die Hauptrichtungen der Entwicklung der Literatur ausgesondert, die von den Veränderungen in der sozial-politischen Sphäre verursacht sind. So zusammen mit dem Untergang des Rittertums als Vorbild im gesellschaftlichen Leben verliert auch die höfische Dichtung an Bedeutung, und der bürgerlichen Literatur wird umgekehrt eine mächtige Anregung zur Entwicklung gegeben. In manchen Genres (Lyrik, Epos) ist gleichzeitig mit den neuen Tendenzen auch die Nachahmung den ehemaligen Mustern anzumerken, aber es entsteht auch außerdem eine ganze Reihe der neuen Genres in der Literatur, unter denen solche wie Schwanksagungen, die weltlichen Kleinformen zu nennen sind. Sie sind in ihrem Grunde die Muster der bürgerlichen Literatur. Eine wesentliche Rolle spielt

auch die theologische Literatur, und zwar das geistige Drama, das in der Periode des späten Mittelalters seinen Höhepunkt erlebt, und die mystische Literatur, die die Verkörperung der menschlichen Aberglauben in die übernatürlichen Kräfte ist. In der Epoche des späten Mittelalters koexistieren auf solche Weise verschiedene und sogar widersprüchliche literarische Genres, und dieser Dualismus ist gerade von historischen Bedingungen verursacht: vom Ausgang des Mittelalters und dem Anfang einer grundsätzlich neuen Epoche des Renaissance, die die diametral entgegengesetzten Prinzipien verkündigt. So reagiert die deutsche Literatur des späten Mittelalters auf unterschiedliche Veränderungen in der sozialen, politischen und ökonomischen Sphäre des gesellschaftlichen Lebens

und trägt also die ganze Veränderlichkeit, Widersprüchlichkeit und Mehrdeutigkeit der Zeit in sich. KAPITEL 1 DIE LITERARISCHE CHARAKTERISTIK DER EPOCHE UND DIE HISTORISCHEN UMSTÄNDE, DIE DIE ENTWICKLUNG DER LITERATUR BEEINFLUSSTEN Walthers von der Vogelweide um 1220 wiederholt geäußerte Klage über den Sittenverfall bei Rittertum und Volk, über die allgemeine unsichere Situation im Lande und den sichtbaren Schwund der Staufischen Reichsmacht darf nicht täuschen; sie ist ständige Klage, auch wenn sie im Namen der Menschheit zu sprechen scheint; ihre ideologische Adresse ist das politisch bedeutungslos gewordene staufische Reichsrittertum und nicht die Menschheit des christlichen Weltkreises. So hellsichtig und vielseitig sich diese Standesdichtung oft darbietet, letzten

Endes ist sie dem konservativen Lager zuzuordnen, weil ihr – ihre autoritätsbezogene und typologisch eingeengte Spätphase im 13. Jahrhundert weist deutlich darauf hin – ein aufnahmebereiter, aufnahmefähiger Blick für die neuen Realitäten zwangsläufig und aus ihrem eigenen Wesen heraus fehlen muss. Mit dem Verfall staufischer Macht um die Mitte des 13. Jahrhunderts ging auch der Verfall des Rittertums einher. In Wernhers der Gartenaere „Meier Helmbrecht“ (1250-1280), der ersten deutschen Dorfgeschichte, versuchen die Bauern, es den Rittern gleichzutun. Noch scheitert der Versuch, und die Emporkömmlinge werden hart bestraft. Markant treten aber die Risse in der ritterlich höfischen Gesellschaft hervor. Die glanzvolle höfische Welt des Hochmittelalters verblasst in